Die Sehnsucht nach Fahrtwind, einer langen Motorhaube, Leder, Wurzelholz und einem Stück
Zeltstoff als Verdeck - den klassischen Roadsterelementen also - veranlaßte Uli Brauchrowitz,
sich auf dem Roadstermarkt umzusehen. Ein gebrauchter, jedoch "Klassik pur"- vermittelnder
Merlin Plus 2 erfüllte schließlich alle Träume, doch der Weg, der zum
"Zauberer" führte war steinig und mühselig. Unser Leser berichtet von
Erfahrungen auf dem Roadster-Gebrauchtwagenmarkt und über die "Inkarnation" des klassischen
Roadsters, den Merlin Plus 2.
Ein Super Seven war meiner Freundin zu spartanisch, ein Dutton ebenfalls. Da ich selbst
nach Möglichkeit keinen VW-Käfermotor als Antrieb haben wollte, blieben nach reiflicher
Überlegung und zusätzlicher Überprüfung der Geldbörse nur zwei Fahrzeuge
zu suchen: Entweder ein Jaguar SS 100 oder ein recht seltener Merlin Plus 2.
Die Entscheidung für ein bestimmtes Modell war getroffen. Fortan wurden die Anzeigenteile
verschiedenster Zeitschriften gewälzt, wurde selbst annonciert und nach einiger Zeit
festgestellt, daß der Roadstertraum nicht einfach zu realisieren ist.
Von tollen Hochglanzfotos und Prädikaten wie "1a Zustand, neuwertig, Topzustand"
mehrmals durch die ganze Bundesrepublik gelockt, stand Uli Bauchrowitz letztendlich doch meist
vor wenig lukrativen Objekten. Die Besitzer entpuppten sich zumeist als "Nicht-Liebhaber",
Zufallsbesitzer, oder gar Spekulanten, entsprechend überzogene Preisvorstellungen standen
somit auf der Tagesordnung.
Fast ein ganzes Jahr war vergangen, die Hoffnung, ein den Vorstellungen entsprechendes Fahrzeug zu
finden gegen-Null gesunken, als schließlich Licht und somit das Ende des Tunnels zu erblicken
war. In jenem Licht erstrahlte ein in traditionellem british-racing-green lackierter Merlin Plus 2,
für Roadsterfans ein wahres Objekt der Begierde und als solches von Uli Brauchrowitz gekauft.
"Mit dem Merlin erlebt man klassisches Fahren pur", so der stolze Neubesitzer. Das
Fahrverhalten ist mit vorderer Einzelradaufhängung und hinterer Starrachse recht gutmütig,
das Fahrwerk insgesamt aber knüppelhart gefedert. Selbst Spax-Stoßdämpfer in ihrer
weichsten Einstellung machen den Merlin zu einem Schlaglochspührgerät. Dann ächtzt,
knarrt und rumpelt es an allen Ecken, obwohl alle Teile bombenfest verschraubt sind.
Dafür wird man auf guten Straßen durch jenes ureigene Roadsterfeeling belohnt, das
Uli Bauchrowitz schwärmerisch als "Gefühl der Gückseligkeit" benennt:
"Mit Lederhaube und Sturmbrille, nur durch kleine Brooklands vor dem Fahrtwind geschützt,
nach einem kalten Winter den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings entgegenzubrausen, einfach
unbeschreiblich."
Der Merlin ist kein Auto für Raser, die Ford V6 Maschine mit 2 Liter Hubraum und 90 PS mag
keine hohen Drehzahlen. Die Fahrleistungen sind nicht atemberaubend, aber eigentlich völlig
ausreichend, denn bei tiefer Sitzposition und achtzylinderähnlichem Sound, initiiert durch
einen zweiteiligen Spezialauspuff, ist ein gemächliches Dahingleiten angesagt. Da bleibt
genügend Zeit, sich in der Innenausstattung aus echtem Leder zu räkeln, oder die
zahlreichen VDO Classic-Instrumente abzulesen, die standesgemäß in ein Ambiente aus
Wurzelholz und Messing eingebettet sind.
Neben dem V6 Motor stammen auch das 4-Gang-Getriebe, Vorder- und Hinterachse, sowie die komplette
Bremsanlage von Ford.
Einen guten Kontrast zu der grünen Karosserie aus GFK, die mit soliden Türen und Hauben
versehen ist und durch ihre klassische Form besticht, bilden die zahlreichen Chromteile wie Aston
Tankverschluß, die Kofferträger, Stoßstangen, Lucas-Hauptscheinwerfer und
Positionsleuchten, Plakettenstange, Türgriffe oder beispielsweise die Scheibenhalterungen.
Doch wie so oft im Leben ist auch beim Merlin nicht alles "Chrom", was glänzt.
Einige Unannehmlichkeiten mit dem Fahrzeug blieben nämlich auch Uli Bauchrowitz nicht erspart.
Nach nur zwei Ausfahrten gab das Getriebe auf. Ein gutes Getriebe vom Schrott kostete zwar nur
150.- DM, doch der Einbau erwies sich als schwierig, weil eine Querstrebe des Rohrrahmens direkt
unter dem Getriebe liegt. Den ins Haus stehenden Motorausbau dankte die Werkstatt mit einer Rechnung
von ca. 1000.- DM. Das Ventilspiel des Motors mußte ebenso wie die Spur eingestellt werden, was
wiederum etwa 250.- DM verschlang. Die komplette Zündanlage erwies sich als marode, deshalb
wurden schleunigst Kabel, Kondensator und Spule ausgewechselt, was mit weiteren 200.- DM zu Buche
schlug.
Von der Motorseite her traten also Probleme auf, die weniger als "merlintypische" sondern
vielmehr als bei Gebrauchtwagen gängige Probleme identifiziert werden können, während
der Motorausbau bei Getriebereparaturen eindeutig auf Kosten der merlin´schen
Rohrrahmenkonstruktion geht.
Aber gerade dieser, übrigens im Bereich der Vorderachse und den Kotflügeln noch
verstärkte und modifizierte Rohrrahmen, bildet die Basis für das Fahrzeug, das für Uli
Bauchrowitz den klassischen Roadster repräsentiert:
"Kompromißlos, hart und kernig! Keine Replica, sondern ein eigenständig konzipiertes
Fahrzeug mit soliden Fahreigenschaften und einfacher Ersatzteilversorgung, doch leider nicht mehr zu
bekommen." Nach Aussage der Vertreiberfirma Mohr ist der Merlin nicht mehr lieferbar.
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